Ein Tagesbeginn im Jahr 2023. Tauben wecken mich morgens so um Fünfe. Das finde ich nicht toll, ist aber auch meine eigene Schuld. Schließlich habe ja selber eine Vogeltränke für alle Vögel auf den Balkon gestellt. Die gewöhnliche Stadttaube stammt wahrscheinlich von verwilderten Haus- und Brieftauben ab und bereits in der Antike wird von halbwilden Tauben berichtet. Manchmal geht sie auch als einfache Straßentaube durch. Sie wurde aus der Felsentaube gezüchtet, aber letztendlich ist ihre Herkunft noch nicht genau geklärt. Ihr Gurren ist sehr variabel und klingt etwa wie „gurr” oder „guuu-ru-gu”. Der Lebensraum der Stadttauben ist auf der ganzen Welt die Stadt. Tauben sind sehr standorttreu. Primär sind sie Körner- und Samenfresser und schließen sich normalerweise bei der Nahrungssuche zu Schwärmen zusammen. Wahlweise nerven sie oder sind willkommen. Wie z. B. in Venedig auf dem Markusplatz mit seinen prachtvollen Gebäuden. Dort stellen sie eine von Touristen beliebte Attraktion dar. Einst waren Taubenschwärme eine Plage. Die Verschmutzung durch ihren Kot kam einer hygienischen Katastrophe gleich, denn die aggressiven chemischen Verbindungen im Kot greifen viele Oberflächen an. Tauben nisten häufig vor den Fenstern oder auf dem Dach, sodass Kot auch bei mir auf dem Balkon fallen gelassen wird. Im Taubenkot befinden sich Keime. Ins Haus getragen kann es bei älteren Menschen und Kindern zu schweren Krankheiten führen. Übermäßig ist mein Balkon zwar nicht verschmutzt, aber einmal im Monat mache ich ihn dennoch sauber. Bisschen nervig, aber wie gesagt auch meine Schuld durch die Vogeltränke. Da ist es dann nicht mehr weit bis zum Titel “Ratten der Lüfte”. Der österreichische Kabarettist, Sänger und Dichter Georg Kreisler sang eimal bitterböse über das “Tauben vergiften im Park”. Mir fallen in Berlin diese Taubenspikes an Bahnhöfen und Häusern auf. Sie haben lange Metallspitzen, die die Tauben abschrecken sollen. An diesen Spitzen können sie sich verletzen und verenden dann qualvoll. Ich habe am Kotti mal Tauben gesehen, die auf Beinstumpen und vereiterten Füßen humpelten oder an den Flügeln verletzt waren. Für mich war das schrecklich anzusehen. Anderseits schützen die Spikes Gebäude vor ihrem ätzenden Kot. Gäbe es sie nicht, müssten Wasserstrahler oder andere Hochdruckreiniger zum Einsatz kommen. So hat alles seine zwei Seiten. Wer jetzt in Venedig die Tiere füttert, muss mit einer Geldstrafe von 500 Euro rechnen.

„Ratten der Lüfte”? Der Ruf der Tauben scheint mir schlechter als sie es verdienen. Artgerecht gefütterte Stadttauben mit artgerechter Unterbringung führen vermutlich zu weniger Verschmutzung als die Resteverwerter, wie wir sie kennen. Bei mir auf dem Balkon gurren sie mich oft ganz früh aus dem Schlaf. Ich schaue ihnen dann aber gerne von meinem Bett aus durch den Gardinenspalt zu und finde es amüsant, ihnen beim Schnäbeln zuzusehen. Wenn ich die Balkontür öffne, sind sie – husch –  weg.

Wenn ich Richtung Bahnhof Ostkreuz gehe komme ich am Annemirl-Bauer-Platz vorbei. Dort am Spielplatz sehe ich eine Futterstelle mit Körnern, vermutlich Mais, und eine Plastikschale, die immer mit Wasser nachgefüllt wird. Irgendein Taubenliebhaber wird wohl für Nachschub sorgen. Ich habe diese Person noch nie gesehen und vermute deshalb, dass dies immer ganz früh morgens geschieht, weil diese Person nicht erwischt werden möchte. Auf dem Platz stehen u. a. mehrere Ahornbäume. Auf einem dieser Bäume versammeln sich die Tauben nach der Nahrungsaufnahme oder wenn sie wieder einmal verscheucht wurden. Unter diesem Baum stand schon längere Zeit ein Auto. Es war voller Taubenkot und ist letzte Woche abgeschleppt worden. Ich glaube, den Besitzer gibt es nicht mehr. Und wenn doch: Glück gehabt!

Dass sich die Tauben in meiner Wohngegend vermehren und gerne kommen: Ist das Gut oder schlecht? Als Tierfreund bin ich da zwiespältig. Ich beobachte auf den Taubenplatz gerne die Vögel. Jede Taube sieht anders aus. Nie gleichen sich ihre glänzenden Gefieder. Mir gefällt es sehr, wie eine so große Gruppe miteinander kommuniziert und sich gut versteht. Nur wenige Menschen kümmern sich um Tauben. Aber ich habe einmal im Fernsehen gesehen, wie eine Tierschützerin in einem Taubenhaus zwei Taubeneier gegen zwei Kunststoffeier ausgetauscht hat. Damit will sie die starke Vermehrung verhindern. Diese Taubenschläge stehen weit weg von städtischen Ansiedlungen. Dort werden die Tauben gefüttert und kontrolliert. Ich finde, diese gute Idee hätte auch hier in der Stadt mehr Unterstützung verdient.

An diesem Vogel scheiden sich die Geister auch in einem anderen Zusammenhang. Die Taube gilt als Symbol des „Heiligen Geistes”. Der spanische Künstler Pablo Picasso erweiterte dieses Symbol um die Bedeutung des Friedens und schuf so die Friedenstaube. Nun aber, da „Heiliger Geist” und Taube eins sind, dürfen Taubenfreunde in aller Welt wohl noch hoffen.

Kurzbiografie Angelika

Wie schon Viele vor mir, wollte ich, als Ostwestfale, nur kurz in Berlin bleiben – das ist nun 24 Jahre her. Das damals äußerst bezahlbare und sehr kreative Berlin hat mich magnetisch angezogen.
Auf langen Spaziergängen entdecke ich ständig etwas Neues in der Stadt!
Das viele Wasser und auch das Grün im Umland – dort zieht es mich noch immer hin.
Bis heute begleiten mich Kamera und Pinsel – für Augenblicke und Momente.
So gestalte ich auch die Geschichten und Episoden hier.

Texte von Angelika