Das ich einmal im Ostteil der Stadt wohnen und arbeiten würde, wer hätte das gedacht. Also ich bestimmt nicht.

So fängt mein Gespräch an, das ich mit einem jungen Manne über dessen Erinnerungen und heutigen Eindrücken zum Mauerfall befrage.

Geboren und aufgewachsen mitten in Kreuzberg, hat er von klein auf, schon etwas Ost Luft schnuppern können. Tante und Onkel wohnten in Ostberlin und besaßen hier ein Häuschen mit Garten. Die Tagesausflüge die man zu dieser Zeit von West nach Ostberlin machen durfte, schön, aber auch aufregend. Während der Kontrollen beim Grenzübertritt, in diesem Fall war dieser in der Sonnenallee, schlug das Herz schon etwas höher, denn die kleinen Geschenke und Aufmerksamkeiten die man für die Verwandtschaft mitnahm, sollten auch ohne irgendwelche Zwischenfälle dort ankommen. Das Glück stand in all den Jahren auf der Seite der Besucherfamilie und die Mitbringsel kamen alle zur Freude der Beteiligten an.

Den Garten gibt es nicht mehr und Tante und Onkel sind nach dem Fall der Mauer nach Kreuzberg gezogen.

Zum Zeitpunkt als Berlin im Herbst 1989 in die Geschichte einging, befand sich Martin (das ist der junge Mann dessen Geschichte hier zu Papier gebracht wurde) beruflich in Hamburg und konnte somit den Fall der Mauer am 09. November in seiner Heimatstadt nur über das Fernsehprogramm miterleben.

Telefonate mit Freunden und Verwandten die zu diesem Zeitpunkt getätigt wurden, waren schon ein wenig deprimierend, gerade bei so einer kaum fassbaren Wende in der Geschichte beider deutschen Staaten nicht in seinem Geburtsort Berlin zu sein.

Nach seiner Rückkehr, ein paar Wochen später, waren die ersten Berührungen mit dem Ostteil der Stadt ohne Grenzkontrollen eine neue und schöne Begebenheit.

So zogen die Jahre ins Land und man lernte zuerst die Stadt und das Leben darin neu kennen.

Apropos kennenlernen, Martin war in den früheren Jahren passionierter Kinogänger und war in einigen Kinos Westberlins zu Hause. Am meisten aber im Moviemento in Kreuzberg Nähe Herrmannplatz. Mit dem“ Kosmos“ in der Friedrichshainer Karl – Marx – Allee wurde fast der erste kulturelle Ostkontakt aufgenommen. Leider ist der Film der damals dort gesehen wurde, nicht mehr im Gedächtnis geblieben.

 Die Entwicklungen und teilweise sehr sichtbaren Veränderungen waren und sind in der Stadt deutlich zu sehen.

Auf der Friedrichshainer Seite, dieser Bezirk wurde 2001 mit Kreuzberg zusammengeschlossen, bekam Martin den Wandel der Stadt hautnah mit.

Durch Arbeitsstellen die sich seit Jahren hier befinden, müsste man ja nur mit gebeugtem Kopf durch die Stadt gehen, um das nicht zu bemerken was um einen herum passiert. Im Gegensatz zu seinem einstigen Wohnkietz in Kreuzberg, da sieht das nähere Umfeld im Großen und Ganzen noch so aus wie in seinen Kindheitserinnerungen.

Die allergrößte Veränderung, die sich im Leben von Martin durch die Wende vollzog, war ein Job in der Datenverarbeitung. Diesen fand er bei einer Firma auf Alt – Stralau.

Und wie der Zufall es so will, entstand dort eines der klassischen Bilder die man so hat, wenn und wo man jemanden Kennenlernt. Und zwar auf Arbeit.

Und durch diese Begegnung hat er seinen einstigen Lebensmittelpunkt in Kreuzberg verlassen um nach Friedrichshain auf die Halbinsel zu ziehen.

Hier ist Martin seit Jahren zu Hause und hat manchmal fast schon keinen Gedanken daran, je woanders gewohnt zu haben.

Eine schöne Aussage die er manchmal bei Gesprächen zu Themen Früher – Heute macht:  ICH BIN EIN WOSSI !