Niemand in Ost oder Westdeutschland hätte je gedacht das die Mauer die Berlin teilte, irgendwann einmal weg sein würde bzw. Teile davon nur noch als Erinnerung an diese Zeit stehen bleiben.

Auch ich gehörte dazu.

Als ich im Fernseher diese Rede von Günther Schabowski über die neue Reisereglung und auf die Nachfrage ab wann, ein unverzüglich kam, saß ich weit weg von Berlin und konnte mir das alles nicht so richtig vorstellen.

Kurz darauf kamen Anrufe von meiner Bekannten: „Du musst nach Berlin kommen“.

Ich, die aus dem ländlichen kam, aber sehr oft in Berlin zu Besuch war, konnte da ja nicht nein sagen. Und so wurde dieser bedeutsame Tag in meinem Leben auf den 18. November 1989 gelegt.

Bevor die Reise losgehen sollte (was mich um ehrlich zu sein auch etwas Bange nach vorn blicken ließ, der Menschenmassen wegen), musste man sich im Personalausweiß bei der Polizei einen Stempel reindrücken lassen.

Das lange Warten bei der Polizeidienststelle hätte ich mir allerdings auch sparen können, denn das war nicht in den kühnsten Träumen vorgekommen, ohne irgendwelche Kontrollen über die Landesgrenze zu spazieren.

Der Tag der Abreise nach Berlin stand an und das Abenteuer Westberlin konnte beginnen.

An die vollen Züge denke ich ungern zurück. In Leipzig kamen die Menschen durch die Fenster und landeten fast gestapelt in den Abteilen. Mit etlicher Verspätung kam ich irgendwann in Lichtenberg an und hatte es da schon etwas bereut diese Reise angetreten zu haben. Aber wie heißt es so schön, die Neugier siegt.

Fix und fertig kam ich dann irgendwann spät abends bei meiner Bekannten an.

Eine kurze Nacht war Zeit sich zu sammeln und neu aufzutanken, denn am nächsten Tag sollte unsere Expedition Westberlin starten. Nach einem kräftigen Frühstück ging es los in Richtung Oberbaumbrücke.

Die Brücke war noch nicht einmal bis zur Hälfte überquert und schon waren die Arme voll mit bunten Flyern und sonstigen Werbeprospekten. Interessant wäre es ja damals schongewesen diese durchzuschmöckern, aber wir wollten zum Kudamm und mit dem ganzen Papierkram? Unmöglich. Also Arme auf, fallen lassen und weiter.

Am Schlesischen Tor haben wir das Begrüßungsgeld bekommen und ab ging es in die Metropole Westberlins.

Bunt, bunt, bunt und laut war meine erste Wahrnehmung. Einen bleibenden, witzigen Eindruck, hinterließ unter anderem der Besuch im Kaufhaus des Westens. Wir fuhren so nach links und rechts schauend die Rolltreppe hoch als uns eine Verkäuferin, oben angekommen ansprach und gleich wusste das wir aus dem Osten kamen. Unsere erstaunten Blicke und großen Augen haben uns verraten.

An viele Dinge die mir damals begegneten, kann ich mich heute nach 30 Jahren nicht mehr erinnern, aber eins weiß ich heute noch, als wir am Abend nach Hause kamen waren meine Füße nicht mehr zu spüren. Zum einen vom vielen laufen, und zum zweiten hatte ich den Fehler begangen neue Stiefel angezogen zu haben.

Ein aufregender Tag lag hinter mir und die Reisetasche vollgepackt mit Neuigkeiten und Eindrücken, von denen wir vorher nichts zu berichten hatten, machte ich mich auf die Heimreise.

Bei mir war damals nicht der kleinste Gedanke daran verschwendet worden, das ich einmal Jahre später hier leben würde und die Veränderungen, die der Fall der Mauer mitbrachte und bringt hautnah miterlebe.